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Wieso wird veredelt?

Bereits im 15. und 16. Jahrhundert waren die Südtiroler Ortschaften Tisens und Völlan für ihre köstlichen Pelzköschtn bekannt. Früher war man der Meinung, dass man auch durch das Pflanzen von sogenannten Wipfelköschtn (große Kastanien von Wildbäumen im Gipfelbereich) gute Qualitätskastanien gewinnen kann. Das stimmt nur zum Teil. Es können zwar großfruchtige Sorten entstehen, es handelt sich dabei aber immer nur um Wildlinge, die in Qualität und Geschmack selten mit veredelten Sorten vergleichbar sind. Grundsätzlich sollten nur Marroni, bei uns besser bekannt als Gelbe, veredelt werden, um die beste Qualität zu erzielen. Diese stellen jedoch höhere Ansprüche an Boden, Bewässerung und Klima, und sind deshalb nicht für alle Lagen geeignet. Alte veredelte Kastanienbäume erkennt man an Verdickungen im unteren Stammbereich.

Bild: Veredelungsstelle

Wann und wie wird veredelt?

Die beste Zeit zum Veredeln von Kastanienbäumen ist Anfang April bis Mitte Mai. Okulieren und Chippen kann man auch im August. Vielfach wird behauptet, dass der Mond eine große Rolle spielt. Wichtiger erscheinen aber die Qualität der Edelreiser und die Witterung. Es sollte nicht windig sein und nicht zu heiß, um ein schnelles Austrocknen des Edelreises zu verhindern. Als beste Methoden haben sich die Kopulation, das Chippen und das Okulieren erwiesen. Diese Veredlungsvarianten werden auf dünne Unterlagen und Reiser (einjährig) praktiziert, und bieten somit weniger Angriffsfläche für den Rindenkrebs. Auch beim Geißfuss und Röhrln erzielt man bei der richtigen Pflege gute Erfolge.

Bild: Röhrln

Auf was ist beim Veredeln zu achten?

Größte Aufmerksamkeit ist auf das Aufbewahren der Edelreiser zu geben. Edelreiser sollten in der Vegetationsruhe von Mitte Januar bis Ende Februar geschnitten werden. Es wurde viel über die Schwierigkeit des Kastanienveredelns gesprochen, das zum größten Teil auf die falsche Lagerung der Edelreiser zurückzuführen ist. Früher wurden sie meistens im Keller in feuchtem Sand aufbewahrt, wo sie teils austrockneten. Bei der richtigen Lagerung in einer Kühlzelle (nicht gemeinsam mit Äpfeln) kann man durchaus mit einer Anwachsrate von 70 bis 80% rechnen. Beim Veredeln sollte auf eine saubere Schnittführung geachtet werden. Anschließend sollte die Stelle verbunden und mit einem Wachs versiegelt werden. Sollten mehrere Veredelungen durchgeführt werden ist es auch von Vorteil, öfters die Schnittwerkzeuge mit Alkohol zu desinfizieren, um das Übertragen von Rindenkrebs zu verhindern.

Bild: Geißfuß

Wo kann man das Veredeln lernen?

Seit dem Bestehen der Kastanienvereine werden im Frühjahr oder Sommer Veredelungskurse angeboten. Mehrere positive Beispiele der letzten Jahre zeigen, dass es sich lohnt selbst zu veredeln. Durch das Gelingen wird wieder mehr Freude und Bezug zum Kastanienanbau entwickelt.

Bild: Veredelungskurs in Afing

Nachbehandlung bei Veredelungen


War die Veredelung erfolgreich, müssen anschließend weitere Schritte zur Nachbehandlung getätigt werden. Die ersten zwei bis drei Jahre nach der Veredelung, sind ausschlaggebend für einen anhaltenden Erfolg. Sehen Sie hier ein paar Beispiele dazu.



Chipp Budding

Wurde mittels Chipp Budding Methode mit üblichen nicht dehnbahren Veredelungsbändern veredelt, so müssen diese nach dem Antreiben der Knospe sofort entfent werden.

Oberhalb vom Auge wird zuerst noch ein Stück Trieb von 10 bis 15 Zentimeter Länge belassen. Die austreibenden Wildtriebe sollten alle entfernt werden, dass sie nicht als Konkurenz zum Edelauge werden.

Dehnbahre Veredelungsbänder müssen nicht entfernt werden, das Auge bricht durch

Durchgebrochener Jungtrieb

Vielfach werden mehrere Jungtriebe an Stockausschlägen veredelt, wo anfangs auch noch Wildtriebe stehen bleiben. In solchen Fällen sollte man die Veredelten immer markieren um sie schnell ausfindig zu machen und keine zu vergessen.

Jungtriebe die noch zu schwach sind um sie an einen Pfahl zu binden, können jetzt am belassenen Triebstück angebunden werden.

Ist der Neutrieb stark genug, wird er an einen dickeren Pfahl gebunden.

Ist der Trieb sicher befästigt, wird das vorerst stehen gelassene Triebende abgeschnitten.

Beim Abschneiden haben sich Scheren mit Doppelklinge bewährt, weil dadurch die Rinde nicht gequetscht wird.

Anschließend wird mit Veredelungswachs versiegelt

Der Jungtrieb wird nun fortlaufend am Pfahl befestigt

Kopulation mit Gegenzunge

Um zu tiefe Verzweigungen zu vermeiden, sollt bei der Kopulation mit Gegenzunge immer nur ein Auge belassen werden.

Geißfuß und Rindenpfropfen

Bei diesen Methoden müssen nach dem Anwachsen sofort die Befestigungsbänder geöffnet werden, um ein Abwürgen zu verhindern. Anschließend mit Wachs versiegeln und den Neutrieb fortlaufend anbinden. Auch hier nur einen Trieb belassen.

Gerade in Gebieten mit starkem Wind, ist das befestigen der Jungtriebe unbedingt notwendig.

Auch auf den Wildschutz muss geachtet werden. Ist weiträumiges Einzäunen nicht möglich, sollte Einzelschutz aus Maschendraht angebracht werden. Um Verletzungen vorzubeugen, die wiederum zu Rindenkrebsbefall führen können, sollte der Zaun die Bäume nicht berühren.